Technologie, Einsatzbereiche und Innovationen der Mikroverkapselung
Die Wäsche riecht noch lange frisch? Und der Teppich duftet selbst 24 Stunden, nachdem Sie ihn mit einem Textilspray eingesprüht haben? Das liegt an der Mikroverkapselung der Duftstoffe in Textilsprays, Waschmitteln oder Parfümwerbung – die kleinen Kapseln verstecken sich überall in unserem Alltag. Mikroverkapselung ist eine Technologie, die immer neue Anwendungen findet. Dabei wird sie gleichzeitig immer nachhaltiger. Dr. Oliver Reichel erklärt, wie die Mikroverkapselung funktioniert, eingesetzt wird und wie Follmann die technologische Entwicklung vorantreibt.
So funktioniert die Mikroverkapselung
Mit einer Mikroverkapselung schließen wir kleine Partikel oder Flüssigkeiten in eine Kapsel ein. Die Ummantelung schützt den Inhalt nachhaltig und setzt ihn bei Reibung oder Druck kontrolliert frei.
Seit der Entwicklung in den 70er-Jahren entwickelt sich diese Technologie stetig weiter: Anfänglich schlossen die Kapseln nur einzelne Stoffe ein, heute können wir komplexe Zusammensetzungen verkapseln und die Kapseln auch reproduzieren. Ob flüssig oder fest – wir können beides in Mikrokapseln einschließen. Auch für ölartige Flüssigkeiten ist unser Verkapselungsprozess ausgelegt.
Verkapselt – und was nun?
Der Stoff in der Kapsel kann wieder freigesetzt werden. Mikrokapseln öffnen sich auf verschiedene Weise:
- Reibung: Mechanischer Druck sorgt für die Freisetzung des Inhalts. Stellen Sie sich vor, Sie tragen frisch gewaschene Kleidung. Die Reibung zwischen Ihrem Körper und dem Stoff zerstört die Wand der Kapseln – der enthaltene Duft wird abgegeben. Follmann fokussiert sich insbesondere auf diese Methode.
- Diffusion: Die Wand setzt den Inhalt über einen definierten Zeitraum hinweg frei. Stellen Sie sich ein Textilspray vor, das Sie noch lange riechen können.
- Temperatur: Bei einer bestimmten Temperatur setzt die Kapsel mithilfe eines kleinen Flüssiggas-Ballons, der sich ausdehnt, den Inhalt frei.
Sie liefern uns den Inhalt – wir verkapseln ihn
Bei Follmann stellen wir den Inhalt der Kapseln nicht selbst her. Sie liefern uns beispielsweise ein Parfüm, das Sie verkapseln möchten. Wir entwickeln dann die Mikroverkapselung – auf Ihre Wünsche zugeschnitten. Sie prüfen anschließend die Kapseln. Durch einen stetigen Austausch und Anpassungen entsteht schließlich eine Mikroverkapselung passgenau für Ihre Anwendung.
So verkapseln wir Ihre Inhaltsstoffe in 4 Schritten
Das ist unser Prozess für die Mikroverkapselung von „ölartigen“ Substanzen:
- Öl und Wasser liegen getrennt vor.
- Emulsion: Durch Rühren emulgiert Öl in Wasser.
- Wir fügen Wandbildner zur Emulsion hinzu.
- Wandbildner vernetzen und bilden eine Wand rund um die Öltröpfchen.
Das Ergebnis: Der Stoff ist eingekapselt!
Waschmittel, Duftlacke, Pflanzenschutz – Mikroverkapselung ist vielfältig anwendbar
Mikroverkapselung finden Sie in verschiedenen Bereichen. Hier sind einige Beispiele:
- Haushalt: In Waschmitteln, Reinigungsmitteln und Textilsprays. Die Mikrokapseln transportieren Duftstoffe an den gewünschten Ort. Reibung, zum Beispiel am Körper, setzt den Duft frei.
- Kosmetik: Kapseln geben Vitamine, Duftstoffe und ätherische Öle erst bei der Anwendung auf der Haut ab. Die Inhaltsstoffe bleiben bis dahin frisch.
- Druckindustrie: Im multisensorischen Marketing können Sie Duftlacke mit Mikrokapseln auf Flyer und Verpackungen drucken. Durch Reiben riechen Sie den Duft.
- Agrarwirtschaft: Auch Schädlingsbekämpfung ist mit Mikroverkapselung möglich. Denn die Kapseln setzen Biozide gezielt frei – und schonen so die Umwelt.
- Lebensmittel: Mikrokapseln schützen Vitamine und Aromen und geben sie während des Verzehrs ab.
- Pharmaindustrie: Die Mikroverkapselung ermöglicht eine gezielte Freisetzung von Wirkstoffen in Medikamenten. Außerdem schützt sie die Wirkstoffe und vereinfacht die Handhabung der Medikamente.
Under Pressure: Wie Mikrokapseln großem Druck standhalten
Duftlacke finden sich auch auf Verpackungen von Raumdüften: Wenn Sie an den kleinen Feldern reiben, können Sie den Duft testen. Die Duftfelder mit den Mikrokapseln sind aufgedruckt. Doch wieso gehen die Kapseln im Druckprozess nicht kaputt? Dort sind sie wortwörtlich großem Druck ausgesetzt. Trotzdem reicht ein leichtes Reiben auf der Verpackung und die Kapseln setzen die Duftstoffe frei. Innovation von Follmann macht’s möglich!
Die Wände der Kapseln bestehen aus Aminoplastharz – einem stabilen Kunststoff mit hoher Dichtigkeit. Dadurch sind sie chemisch und mechanisch sehr beständig. Bei Follmann stellen wir auch Schmelzklebstoff her – in der Produktion haben wir getestet, dass die Kapseln selbst diesen Belastungen standhalten.
Ein Duft wie am ersten Tag
Stellen Sie sich vor, Sie finden eine alte Parfümwerbung mit einem Feld zum Testen des Dufts. Sie rubbeln über das Duftfeld und können das Parfüm immer noch riechen – selbst nach 10 Jahren. Denn so langlebig ist Mikroverkapselung: Die Kapseln schützen den Inhalt zuverlässig vor Sauerstoff und anderen äußeren Einflüssen und halten ihn frisch.
Auch die Größe der Mikrokapseln spielt eine entscheidende Rolle: Denn Mikro ist nicht gleich Mikro. Die Kapseln befinden sich im flüssigen Lack und können durch ihre kleine Größe großem Druck im Druckprozess ausweichen. Erst wenn der Duftlack getrocknet ist, sind die Kapseln fixiert. Dann reicht der Druck Ihres Fingers aus, um die Hülle zu zerstören und die Duftstoffe freizusetzen.
Nachhaltige, umweltschonende Mikroverkapselung
Im Oktober 2023 ist eine Richtlinie der EU zur Einschränkung von Mikroplastik in Kraft getreten: Zusätzliche Partikel in Kosmetika und Wasch- und Reinigungsmitteln werden absehbar verboten. Bei Follmann sind wir schon länger auf Nachhaltigkeit fokussiert:
Ein Spagat: Stabil, aber trotzdem umweltfreundlich abbaubar
Die Anforderungen an die mikroplastikfreien Kapseln sind widersprüchlich:
- Sie sollen den Duftstoff während der Lagerung und des Waschgangs schützen und erst auf der Kleidung ihren Inhalt freisetzen.
- Auch Enzyme müssen die Kapseln überstehen. Denn im Waschmittel sind Enzyme enthalten, die Flecken aus der Kleidung entfernen.
- Und sie sollen biologisch abbaubar sein.
Wir haben unsere Technologie optimiert, bis wir ein passendes Material für die Mikrokapseln gefunden haben: Unsere Mikroverkapselung für Waschmittel ist so stabil, dass sie den Waschgang und Enzyme übersteht. Trotzdem ist sie so unbeständig, dass die Kapseln im Klärschlamm abgebaut werden – so gelangt kein Mikroplastik ins Grundwasser.
Wir arbeiten je nach Anwendung mit zwei mikroplastikfreien Technologien:
- Biobasierte Polymere: Normalerweise bestehen Mikrokapseln aus synthetischen Polymeren. Die haben wir durch biobasierte Polymere ersetzt. Das Ergebnis: Mikroplastikfreie und biologisch abbaubare Kapseln.
- Anorganische Stoffe: Bei dieser Methode haben wir die Polymere durch anorganische Substanzen ersetzt. Die Kapseln sind so mikroplastikfrei, und entsprechen der aktuellen EU-Regulatorik.
Mikroverkapselung – eine Technologie mit Zukunft
Mikroverkapselung kann aber noch viel mehr. In Kooperation mit Forschungsinstituten arbeiten wir im Moment an einer neuen Technologie: Mikrokapseln könnten so etwa Wärme aufnehmen – und wieder abgeben, wenn es kalt ist. Gleichzeitig könnten sie warme Umgebungen abkühlen.
Die kleinen Kapseln werden auch in der Zukunft eine große Bedeutung für unseren Alltag haben.